„Unter Kitteln“, wird er heißen, der erste Roman der im März 2020 als HC erscheinen wird. Und wenn der Titel auch vermuten lässt, dass das vielleicht eine Printversion einer RTL-Doku-Soap ist, ist es aber nicht, also kein easy read. Kritiker/Innen und alle die im Feuilleton umtriebig sind, können sich jetzt schon einmal ein Exemplar bestellen. Neugierig?
Kommentar schreiben
Rita Fischer (Sonntag, 31 Mai 2020 19:24)
Rösler, Alexander:
Unter Kitteln
Ein Krankenhausroman
Quickie-Verlag 2020
179 Seiten
Keine Schwarzwaldklinik.
Kein Arztromanheftchen.
Ein „Krankenhausroman“.
Der Protagonist Hagen Burbeis, antriebslos sinnsuchend, anders ausgedrückt: weder ehrgeizig noch energiegeladen, bewirbt sich als Assistenzarzt in einem Provinzkrankenhaus nahe Berlin. Der Leser erkennt schnell, dass es sich bei der „Dubio-Klinik“ um keine Wohlfühl-Heilstätte handelt.
Mit satirischer Feder beschreibt Rösler einen Klinikalltag, den man als Patient so nicht erleben
möchte. Mit dem Mittel der Übertreibung zeichnet der Autor die real existierende und wohl auch selbst erlebte Wirklichkeit nach. Das Lesen seiner grotesk übersteigerten Charaktere ist bisweilen brüllend amüsant, schafft aber gleichzeitig Distanz. Mehr Klischee geht nicht: Doderer, Geschäftsführer, und Privatdozent Mickersen, Chefarzt der Inneren Medizin, sind zum Einen die Säulen der Klinik, zum Anderen die Sparringpartner des jungen Assistenzarztes.
Erzählerisches Highlight ist der Freigang des Spießers Doderer, der sein Glück im Verbotenen sucht, allerdings nicht unbedingt rezeptfrei zu lesen für zarte Seelen, die die Oberschwester Christa und den gewissenhaften Verwaltungsdirektor Mühlmann aus der Schwarzwaldserie erinnern. Mickersen, nomen est omen wie das Dubiose in den Dubio-Klinken, wirkt wie seinerzeit Professor Brinkmann: sportlich, gebräunt, erfolgreich. Ihm fehlt nur ein kleines Stück zum kompletten Glück, die Professur.
In Hagen sieht er den Wink des Schicksals.
Der Roman „Unter Kitteln“ ist bitterböse, übertrieben, aber nicht weltfremd. So hat z. B. Kosloff, patenter
Mediziner-Altbestand der Dubio-Klinik, nie ein gültiges Ärztediplom vorweisen können und unbemerkt jahrelang ohne Abschluss praktiziert.
Vor vielen Jahren ist in Deutschland ein Postbote aufgeflogen, der fünfzehn Jahre lang unbemerkt als Mediziner in Kliniken gearbeitet und sich ohne medizinische Ausbildung bis zum Oberarzt hochgestapelt hat. Wer könnte Rösler eine fantastische Fiktion vorwerfen?
Der Roman ist kurzweilig und sprachlich gekonnt, eine gute Idee für ein Drehbuch! Vielleicht hätte der Plot etwas blutiger sein können, meint die in Statistik nicht bewanderte Rezensentin.
Rita Fischer im Corona- Mai 2020
Von meinem iPhone gesendet